Samstag, 26. Oktober 2013

Also erstmal einen wunderschönen guten Morgen oder was auch immer gerade bei euch für eine Tageszeit ist. Ich fange jetzt einfach mal ganz chronologisch an und berichte von meinen letzten Tagen.
Zunächst wäre da der Donnerstag, , also vorgestern.  Da war ich in meiner Induction (Einführungs) Woche im Banqueting. Das Banqueting umfasst eigentlich grob alles, was mit Veranstaltungen,  Eventplanung, Vermietungen und Catering zu tun hat.  Es lässt sich aber vor allem in zwei Bereiche aufteilen.  Zum Einen den Part, der sich mit der theoretischen Planung befasst, also im Büro stattfindet und sehr viel mit vorheriger Organisation und mit Kundengesprächen zu tun hat. Zum Anderen ist da aber auch noch die operative Ausführung, also die Umsetzung der Planung. Dazu muss man wissen, dass das Hotel bereits etliche Preise für seine Veranstaltungen, deren Planung und Durchführung und für die Location bekommen hat. Neben Hochzeiten, bei denen die weiblich Schildkröte übrigens immer integriert ist, da sie neben der Braut herläuft, wenn die Blumen geschmissen werden, um letztere zu fressen, sind vor allem Konferenzen aller Art die absolute Spezialität des Hotels. Neben einzelnen Konferenzräumen gibt es deshalb auch ein extra konferenzgebäude. Ich habe die erste halbe Stunde mit im Büro gesessen und den Mitarbeitern bei ihrem Email-Verkehr zu geguckt und bei den Telefonaten zugehört. Das war aber leider gerade in dem Moment als ich da war nicht sooo spannend, also es wurden weder Hochzeiten oder irgendwelche anderen (freudigen) Feste geplant, noch gab es Anfragen zu Krisengipfeln oder so, die bei uns im Haus abgehalten werden sollten.  Deshalb war  ich auch ganz froh, dass ich mit einem anderen Praktikanten, der sein 6 monatiges Pflichtpraktikum absitzt,um das "Hotellerie-Studium" zu bestehen.Es gab eine Konferenz mit rund 50 Personen, die in einem der Konferenzsäale abgehalten wurde. Diese Leute wollten natürlich in ihren Pausen mit Kaffee, Gebäck, Kuchen, Getränken und zur Mittagszeit mit einem vollständigen Buffet bespaßt werden. Also haben wir den Tag eigentlich allgemein mit Service-Tätigkeiten verbracht und die Konferenzgesellschaft bewirtet. Zu der Arbeit an sich gibt es daher nicht so viel zu sagen, es sei denn jemand möchte wissen, wie man ein Tablett trägt, Kaffee ausschenkt, Servietten faltet oder einen Tisch abräumt, aber dann bin ich offen für persönliche Nachrichten :-). Viel spannender fand ich wieder die Leute, die ich dort kennen gelernt habe. In jeder Abteilung gibt es eine Managerin bzw. einen Manager und einen Supervisor (vergleichbar mit der Management-Vertretung). Die Managerin war ein etwa Mitte 40 jährige gebürtige Kapstädterin, die seit 4 Jahren in dem Hotel arbeitet, aber ihr ganzes Leben lang in der Hotellerie gebuckelt hat. Sie hat mir erzählt, dass es sie nie lange an einem Ort hält, weil sie sehr ehrgeizig ist und regelmäßig in Hotels wechselt mit noch höheren Anforderungen und Standards. Außerdem belegt sie drei Kurse in der Abendschule (nur zur Warnung: die Mischung oder Kombination der Kurse ist gewöhnungsbedürftig, ich habe den Sinn dahinter auch noch nicht ganz verstanden). Zum Einen, was noch Sinn macht, macht sie ein Abendstudium im Bereich Hotellerie & Gastronomie, außerdem belegt sie Kurse, um ihr Englisch zu verbessern, da ihre Muttersprache Xhosa ist (die Sprache mit den coolen Lauten und ich weiß jetzt endlich , wie man sie richtig schreibt) und jetzt kommt der dritte Kurs, der etwas aus der Reihe fällt: Kriminologie :-O. Ja, keine Ahnung, warum diese Kombination, Abbwer jedem das Seine. Jedenfalls möchte sie sich mal etwas gönnen können, sie möchte sich mal ein einen Bus setzen und eine Fernreise machen können, ganz zu schweigen von ihrem Traum mal in einem Flugzeug zu sitzen. Sie ist alleinerziehende Mutter von einem 10 jährigen Sohn und ihr Neffe (28 Jahre) wohnt auch bei ihr. Sie sorgt für beide, da, wie sie sagt, ihr Neffe noch unselbstständiger ist als ihr kleiner Sohn. Auch bei ihrem Sohn achtet sie sehr darauf, dass er eine gute Bildung erhält. So steht jeden Dienstag ein Englisch- und jeden Donnerstag ein Literaturkurs an, zu dem sie ihn zwingen muss und vor dem es jedes Mal lange Diskussionen, Streit und Tränen gibt. Sie tröstet sich selbst aber dann damit, dass er es ihr irgendwann danken wird. Diese Frau ist wahnsinnig, wahnsinnig neugierig. Sie wollte so viel über mich wissen, über mein Leben, über Deutschland, über mein Studium, über meinen Freund, über unsere Tiere, über meine Eltern...Und sie war begeistert von dem, was ich ihr erzählt habe. Einen interessanten Tipp bezüglich Männern und der Partnerwahl wollte sie mir dann noch unbedingt mit auf den Weg geben (und das ist jetzt zitiert,als kommt nicht von mir): Suche dir niemals einen Mann, der einen weniger bezahlten Job hat als du, dessen Arbeit weniger Intelligenz fordert, der eine geringere Schulbildung hat oder der einen körperlichen Job hat, also nicht im Büro sitzt. Die Frau muss immer dümmer sein als der Man, weniger verdienen und weniger Verantwortung tragen. Also dieser Ratschlag war bestimmt nett gemeint und mag für sie auch eine Art Lebensmotto sein, aber zu mir ist er irgendwie nicht durchgedrungen. Sie ist auch der festen Überzeugung, dass man steuern kann, in wen man sich verliebt und wenn man für sich selbst vorher festlegt, dass man z.B. nur hochbezahlte Firmenchefs will, dann übersieht man das "gewöhnliche männliche Volk" ihrer Ansicht nach. Diese Haltung ging meiner Meinung nach etwas gegen ihren Ehrgeiz und ihre Selbstständigkeit, aber das ist, woran sie glaubt und was hier unten auch nicht nur sie vertritt. Als Beispiel hat sie ihre Schwester genannt, die eine sehr hohe, leitende Position in einem Krankenhaus hat und ihr Mann ist Maler. Sie meinte der wäre so blöd, dass ihre Schwester regelmäßig unter "gebildetere" Menschen müsse, um nicht genauso zu werden. Ich wollte ihre Lebensweisheit auch nicht kritisieren, geschweige denn mich mit ihr anlegen oder so, daher hoffe ich für sie, dass ihr Traum von einem superschlauen, belesenen, erfolgreichen und gut bezahlten Mann irgendwann in Erfüllung geht, sie aber trotzdem auch ihre Ziele erreicht. Aber liebe Kinder da draußen: Das müsst ihr nicht so machen, das geht auch ganz anders und nicht jeder Mensch (ob Mann oder Frau) mit einem handwerklichen Beruf ist doof und nicht jeder Mensch ohne Doktor- oder Professortitel ist es nicht würdig mit ihm zu sprechen. Das war die Weisheit zum Samstag made by Nadine.
Aber zurück zu meiner Arbeit: Da ist eigentlich schon alles zu gesagt. Ich habe also mehr mit den Gästen selbst gearbeitet als im Büro, aber da ich die nächsten 4 Monate einen Bürojob habe, ist das gar nicht so schlimm. Achja und ich bin begeister von der Arbeitsatmosphäre im Banqueting, da es sehr sehr stressig wird, die Leute sich anschreien, aber nach dem großen Trubel wieder in den Armen liegen.
Gestern hatte ich dann die Spätschicht im Restaurant. Zu meinem unwahrscheinlichen Glück war gestern Gala-Dinner und Weinverkostung. Das findet etwa 10 Mal im Jahr statt und ist das Aushängeschild des Hotels. Es waren 120 Gäste geladen, die zu Beginn 7 verschiedene Weinsorten verkosten durften, die hier in der Region angebaut und verarbeitet werden. Anschließend gab es eine Rede von dem General Manager des Hotels, dem Koch und dem Servicemanager. Im Anschluss daran gab es dann ein 6-Gänge Menü mit Speisen und Kreationen, die ich noch nicht in meinem Leben gesehen oder gehört habe. Meine Aufgabe war es die ankommenden Gäste darauf hin zu weisen, dass sie sich bei jedem "Wein-Stand" mehr oder weniger volllaufen lassen können und das es dann Essen kann. (Natürlich habe ich das anders verpackt :-) ). Anschließend habe ich beim Eindecken und Raustragen der gefühlten 30000 Teller und Gläser geholfen. Spannend war auch wieder der Zusammenhalt des Teams: Einer der Kellner hatte gestern Abend seinen letzten Tag und wechselt dann in ein anderes Hotel. Deshalb haben sie sich alle zusammengesetzt bevor der Stress los ging und die Gäste kamen und gegessen. Das machen sie jeden Abend so, aber da gestern ein besonderer Tag war, hat sie Managerin Essen für alle spendiert. Ich hatte bereits gegessen, hätte aber so wieso nichts angerührt, weil es nur Fleisch gab, aber auch wenn ich Fleisch lieben würde und wenn ich extrem hungrig gewesen wäre, ich hätte das nicht anfassen können. Es gabe irgendwas vom Schwein mit sehr sehr viel schwabeligem, weißen, fettigen Zeug, dann irgendwas von einem Strauß oder anderem gigantischen Vogel, was aber auch zum Großteil aus Fett bestand und Chicken Wings. Sobald die Teller auf dem Tisch standen, begann der Kampf: 12 Menschen (ohne Messer und Gabel) schmissen sich auf die toten Tiere, nahmen einStück, bissen ab, tunkten es in die Soße auf dem "Gemeinschaftsteller", nahmen ihre Finger um die Soße vom Teller zu kratzen, leckten sie ab und starteten von vorne. Ich weiß, ich bin einem anderen Land und dass es hier auch viele Menschen gibt (teilweise auch im Hostel), die nie gelernt haben Messer und Gabel zu benutzen, aber dieser Anblick hat mich an eine Szene in einer Tierdoku erinnert, in der ein Rudel Löwen eine Gazelle reißt. Auch die Mengen, die verzehrt wurden, sind unbegreiflich, geschätzt hatte jeder (egal ob Mann oder Frau, unabhängig von Größe, Alter und Statur) 600 Gramm Fleisch. Der Anblick war für mich als Vegetarierin und als Person, die grundsätzliche Tischmanieren gewohnt ist, etwas verstörend ;-). Nichtsdestotrotz waren die Leute unglaublich glücklich, ausgelassen und ich war die einzige, die nicht in das Bild gepasst hat. Nach dem "Gemetzel" haben wir uns dann alle in einem Kreis zusammengestellt, umarmt und jeder musste sagen, was er am meisten an dem Mann schätzt, dessen letzter Abend das war. Anschließend musste er eine Rede halten und es folgte ein Schlachtruf als Motivation für seinen letzten und anstrengenden Abend. Das war ein ziemliches Gänsehaut-Feeling.
Ich musste bis 11 Uhr nachts arbeiten und war froh endlich nach Hause zu kommen. Es folgte aber um 1 noch eine Abschiedsparty zu Ehren des Verlassenden, zu der ich eingeladen wurde, aber leider nicht mehr im Stande war. Da ich erst Nachmittags im Hotel anfangen musste, habe ich wie gesagt den ganzen Tag über eine Tour mit meiner finnischen Mitbewohnerin gemacht und die Nacht davor haben wir den Abschied von unserer deutschen Mitbewohnerin gefeiert, ich war also ETWAS gerädert. Außerdem war mir nicht wirklich nach feiern, da ich an diesem Tag die besten extremsten Gegensätze gesehen habe, die Südafrika zu bieten hat: Abends bei dem Dinner: Fette (meist weiße) Frauen, die sich in viel zu enge Kleider zwengen und mit High Heels stolzierten, auf denen sie nicht mal stehen konnten ohne das Gleichgewicht zu verlieren, sehr junge Mädchen, die entweder ihren Vater oder ihren Sugar Daddy zum Dinner begleiteten, unglaublich kaputtoperierte Damen, deren Hände der einer 70 jährigen glichen, deren Gesicht aber aufgeblustert war, sodass keine menschliche Regung mehr erkenntlich war und deren Brüste so gigantisch waren, dass sie locker einen halben Weinkeller in ihrem Dekollté hätten verschwinden lassen können. Das ist auch an sich alles ganz lustig und selbstverständlich darf jeder so leben, wie er will, aber zwei Stunden vorher habe ich das andere Extrem gesehen.
Bei unserer Hop on Hop off- Bustour hatten wie einen Stop in einem Township (Armenviertel) und ich und die Finnin haben mit uns entschlossen auszusteigen und mit einem Einheimischen eine Tour zu machen. Auf dieser Tour hat er uns ein Stück durch die Straßen geführt, hat uns die normalen Hütten gezeigt, die die Menschen selbst bauen (aus Müll) und zum Vergleich ein kleines Häuschen, dass durch Spenden und ausländische Sponsoren errichtet wurde. Als erstes waren wir in einer der Blechhütten, in der 6 Personen lebten. Sie hatten zwei Schlafzimmer und eine Küche, das Bad bzw. die Toilette befand sich 10 Minuten Fußweg entfernt. Ich habe mich noch nie in meinem Leben so unwohl gefühlt wie in dem Moment als ich das Haus betreten habe. Unser Guide hat gesagt, wir dürfen gerne Fotos machen und Fragen stellen und auch die Bewohner waren damit vollständig einverstanden. Aber in sauberen, vergleichsweise teuren Klamotten und einer Kamera in der Hand in eine Blechhütte zu stolzieren und dort die Armut der Menschen als "Souvenir" festzuhalten, überschreitet leider alle meine Grenzen. Unser Guide hat uns erklärt, dass das die einzige Einnahmequelle der Bewohner ist und dass sie unendlich dankbar sind, wenn wir als Dankeschön ein paar Rand da lassen würden, was wir natürlich auch getan haben. Trotzdem ist ein sehr komisches Gefühl, andere Menschen wie Affen in einem Zoo zu bestaunen und zu fotografieren, nur um festzuhalten, wie schlecht sie es und wie gut wir es haben. Was ich aber bemerkenswert fand, war die Stimmung dort: Die Menschen sind nichts anderes gewohnt, sie fühlen sich wohl, sie sind dort geboren und kennen nichts anderes. Sie haben ihre vollkommen eigene Infrastruktur mit einer Gemeinschaftstoilette im Zentrum, eigenen Friseuren, eigenen kleinen Läden und sogar einer eigenen Schule. Ich glaube aber, dass die Fotos deutlich mehr sagen, als alles was ich jetzt noch schreiben kann. Es gibt auch Elektrizität und fließendes Wasser, was allerdings nur kalt ist und abgekocht werden sollte, bevor man es trinkt. Aber hier erstmal ein paar Bilder:

 Der erste Eindruck von dem Township:



Ein Projekt der Schulkinder: Direkt an der Mauer, wenn man das Township betritt steht in bunter Schrift: Menschenrechte

Eine der Hütten von innen:




Das Leibgericht vor Ort: Günstig und gut: Hühnerfüße gekocht und gewürzt:


Meine finnische Mitbewohnerin (ich hoffe man sieht wie wenig ein weißer Tourist mit Kamera in diese Umgebung passt):

Das Township an sich (ich finde diese Bilder sagen mehr als ich schreiben kann):




Das Kiosk:


Der Elektormarkt: Kühlschränke und Mikrowellen:

Die Waschstraße:

Diese Bilder sagen mehr als 1000 Worte:



Die Grundschule:


("Komm herein und hol dir deine Umarmung ab")





Das war mein Ausflug ins Township.




Ich finde jetzt leider keine Überleitung, um auf ein erfreudigeres Thema zu kommen, deshalb mahc eich einfach mit der Hop on Hop off Bustour weiter und zeige mal, wo wir noch so gehalten haben. Vor dem Township waren wir in den Kirstenbosch Gardens. Leider hatten wir nicht so viel Zeit, da ich abends arbeiten musste, aber ich habe doch ein paar Fotos gemacht. Und ich werde bestimmt auch nochmal herkommen, da der Garten riesig ist und man sogar bis auf einen der Berge steigen kann. Außerdem gibt es einen Park, in dem man picknicken oder einfach in der Sonne liegen kann. Aber jetzt gibts erstmal Fotos:

Hier erstmal unser Bus:

Diese Blumen fand ich echt cool, da die aussehen wie Vögel:
Das Wetter war leider zwischendurch nicht ganz so gut und sehr nebelig, deshalb sind manche Bilder etwas düster:




Und hier noch ein paar Impressionen von der Fahrt im Bus entlang des Strandes. Leider war es sehr sehr windig und nebelig und es hat sogar etwas geregnet. Heute haben wir dagegen wieder 25 Grad und strahlenden Sonnenschein :-)



Es gibt aber bestimmt in Zukunft auch noch Strandbilder mit Sonne :-).

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