Dienstag, 29. Oktober 2013

Hallo alle miteinander,

heute war der Induction Day im Hotel und der war extrem cool. Wir waren 13 Trainees bzw. neue Angestellte und auch zwei Prakitkanten (neben mir war noch ein Niederländer da). Alle kamen aus anderen Abteilungen: Küche, Housekeeping, Kellner, Portiers, Rezeptiuonisten und ich als einzige aus der Marketingabteilung. Wir haben mit einer richtig entspannten Vorstellungsrunde angefangen, bei der wir uns kennen gelernt haben. Moderiert und geführt wurde der ganze Tag von der Verantwortlichen für die Auszubildenden und Weiterbildungen und von der Personalmanagerin des Hostels. Beide sind extrem locker und haben während des ganzen Tages vor allem auf unsere Mitarbeit gesetzt. Nach der Vorstellungsrunde, bei der jeder seinen Namen, seine Abteilung, seine Herkunft, seine Hobbys, seine Haustiere und seine Zeit im Hotel genannt hat (viele sind nur saisonale Arbeitskräfte, die während der Hauptsaison eingestellt werden), ging es weiter mit einer Führung durch das Hotel und den Garten. Diese hatte ich bereits als ich am ersten Tag da war, aber bei meinem Orientierungssinn schadet es nicht, wenn ich das auch 13 oder 14 Mal mache. Obwohl ich ganz stolz verkünden muss, dass ich mich in den 7 Tagen, die ich jetzt da war und in denen ich 7 Mal an anderen Orten gearbeitet habe, nur einmal derart verlaufen habe, dass sich ein anderer Mitarbeiter meiner annehmen musste, um mich zu meinem entsprechenden Arbeitsplatz zu geleiten :-). Nach der Hoteltour und einer Frühstücks-Kaffee-Kekse-Pause hatten wir Besuch von dem Manager des Hotels. Diesen habe ich bereits im Angestellten-Meeting kennen gelernt und gestern auch schon in der Marketingabteilung gesehen. Dieser Mann ist wirklich beeindruckend. Er hat seine Karriere als Tellerwäscher bzw. Kellner angefangen, stammt aus vergleichsweise ärmlichen bis normalen Verhältnissen und konnte somit nie eine renommierte Hotelschule besuchen, sondern hat sich ganz langsam, aber entschlossen immer ein Stückchen höher gearbeitet und ist jetzt seit 5 Jahren Manager dieses Hotels. Er hat eine Art Motivationsrede gehalten, bei der es ihm vor allem darum ging, dass wir mit unserer Arbeit glücklich sind und das auch nach außen hin zeigen. Schließlich sind wir im Dienstleistungssektor tätig und unsere schlechte Laune überträgt sich automatisch auf die Gäste, die ihre wiederum auf den nächsten Angestellten übertragen, der auf seine Kollegen, diese wieder auf weitere Gäste usw. . Wir sollen versuchen, private Probleme, schlechte Laune oder Frust und Stress mit den Gästen draußen zu lassen. Allerdings weiß er auch, dass das immer eine tolle Floskel ist, aber nicht so leicht zu realisieren, also bietet er all seinen Angestellten, bei extremer Belastung bzw. schlechter Stimmung einfach zehn Minuten raus zu gehen, sich in den Garten zu setzen, etc. Ihm persönlich würde dies extrem helfen. Außerdem hat er uns neben seiner Lebensgeschichte auch an seiner Philosophie teilhaben lassen. Diese besagt, dass man ruhig Fehler machen darf, diese aber nur dann, wenn sie zu Gunsten des Gastes geschehen und wenn sie einmal gemacht werden und man dann daraus lernt. Außerdem soll man seine Fehler mit möglichst vielen Menschen teilen und sie erzählen, da das im besten Fall verhindert, dass andere genau den gleichen Fehler machen. Um uns das zu verdeutlichen, hat er ein echt interessantes Beispiel gebracht: Er war vorher in einem anderen Hotel Manager und hatte dort einen sehr motivierten Angestellten, dem er zuvor auch seine Philosophie gepredigt hatte. Dieser Angestellte war eines freitags nachmittags in der Situation, dass in Gäste gefragt haben, ob er ihnen einen Transport zum Strand organisieren könnte. Da aber leider auf die Schnelle kein Bus oder Taxi aufzutreiben war und auch seine Kollegen so sehr unter Stress standen, dass er sie nicht belästigen konnte, hat er sich beherzt einen der hauseigenen Wagen genommen und die Gäste prompt sicher und wohlbehalten zum Strand gefahren. Das Problemchen war allerdings, dass er keinen gültigen Führerschein besaß und dass er auf dem Rückweg (wo die Gäste zum Glück bereits ausgestiegen waren) einen kleinen und nicht ernsten Unfall gebaut hat. Das Fahrzeug wurde dennoch beschädigt und er musste es dem Manager beichten, zumal die Versicherung nicht zahlen würde. Die Reaktion des Managers war dann Folgende: Er hat dem Angestellten gepredigt, dass er Fehler machen darf, wenn sie im Sinne der Zufriedenstellung des Gastes sind und wenn die Idee eine gute ist. Definitiv waren die Gäste zufrieden gestellt und die Grundidee, selbst die Initiative zu ergreifen, war auch gut, allerdings haperte es an der Ausführung. Dennoch konnte er den Angestellten nicht einfach entlassen oder ihm ein Leben lang sauer sein, da er seine Mission erfüllt hatte.
Ich muss zugeben, ich bin sehr sehr begeistert von dem Manager und seiner Art mit seinen Angestellten um zu gehen, dass viele Dinge, die er tut und vor allem wie er sie tut, für südafrikanische Verhältnisse nicht normal sind. So bekommen alle Angestellten, die vor 8 Uhr morgens beginnen, ein Frühstück sowie ein Mittagessen vom Hotel kostenlos gestellt, alle die nach 8 Uhr beginnen nur ein Mittagessen und alle, die ab 17 Uhr beginnen ein Abendessen. Außerdem steigt der monatlich Lohn der Festangestellten proportional zu ihrer Beschäftigungsdauer im Hotel, Geburtstage werden gefeiert, es gibt kleine Geschenke und sonstige Aufmerksamkeiten. Außerdem stehen jedem Angestellten jährlich 21 Urlaubstage zu, obwohl das südafrikanische Gesetz nur 15 vorschreibt.
Er gibt sich auch wirklich Mühe, möglichst viele seiner Beschäftigten mit Namen zu kennen, um sie auf dem Flur persönlich an zureden (und das ist bei 300 und saisonalen Angestellten gar nicht so einfach).
Anschließend gab es eine kleine Einweisung in das grundsätzliche Arbeitsrecht, sowie die Bedingungen und Konditionen im Hotel. So fängt ein Arbeitsverhältnis hier zum Beispiel schon an, sobald der Angestellte das erste Mal für ein Unternehmen Arbeit leistet, für die er bezahlt wird, auch wenn bis zu dem Zeitpunkt oder in nachher Zukunft danach noch kein offizieller Arbeitsvertrag durch eine Unterschrift beider Seiten besiegelt wurde. Außerdem garantiert das Hotel allen Beschäftigten, die zwischen 18 Uhr abends und 6 Uhr morgens arbeiten müssen, einen Nach-Hause-Bring-Service, da sie es nicht verantworten können, dass ihre Beschäftigen nachts durch die Gegend laufen oder öffentliche Verkehrsmittel nutzen. Besonders schockierden, aber hier total üblich, ist neben der Durchführung von unregelmäßigen und unangekündigten Drogen- und Alkoholtest vor allem die Durchführung von Lügendetektortests. Sobald irgendwo etwas gestohlen wird und man mit Hilfe der Kameras nicht genau herausfinden kann, wer es war, werden alle Angestellten, die sich innerhalb des verdächtigen Zeitraums am verdächtigen Ort aufgehalten haben zum Test zitiert, angeschlossen und auf den Wahrheitsgehalt ihrer Aussagen hin überprüft. Auch ungewöhnlich ist es, dass man im Arbeitsvertrag seine nächsten Verwandten angeben muss. Wenn man nämlich einen Tag frei bekommen will, um zu einer Taufe, Beerdigung, Hochzeit oder auch nur zum Kinderarzt zu gehen, muss man den entsprechenden Namen des Angehörigen angeben und wenn sich der nicht auf der Liste im Arbeitsvertrag befindet, bekommt man den Tag auch nicht frei.
Aber das nur mal so zum generellen Arbeitsrecht hier bzw. zu dem konkreten im Hotel.

Nach der Mittagspause haben wir uns dann etwas ausgiebiger mit der Geschichte des Hotels und auch der der anderen beiden Hotels beschäftigt und uns über Motivation unterhalten und wie man einem Gast nicht einfach nur einen guten und zufriedenstellenden Aufenthalt bereitet, sondern einen einzigartigen, den er nie vergisst und unbedingt wiederholen und weiterempfehlen möchte. Das war dann auch soweit mein heutiger Arbeitstag und ich habe nicht nur eine Menge über das Hotel an sich gelernt, sondern ziemlich viele spannende neue Leute kennen gelernt, und vor allem wie man sich von anderen abgrenzt und besonders auszeichnet (egal ob das Hotel sich von den Konkurrenten abheben muss oder man selbst von möglichen Mitbewerbern etc.).

Den restlichen Nachmittag und Abend habe ich dann wieder mit meiner südafrikanischen Mitbewohnerin verbracht. Nachdem wir gestern bereits bei Eis und Muffins gequatscht haben, haben wir das heute bei Chips und Kuchen ( und für das Gewissen Erdbeeren) fortgeführt. Eine weitere Südafrikanerin, die ebenfalls hier im Hostel wohnt, hat sich gestern noch dazu gesellt. Sie ist echt cool, sehr direkt und ehrlich, aber das mag ich extrem an ihr. Sie wohnt mit einem Typen im gleichen Zimmer, der aber (so wie ich ihn kurz kennen gelernt habe und wie sie ihn beschrieben hat) etwas seltsam drauf ist. Da wir es nicht mit unserem Gewissen vereinbaren konnten, sowieso noch vier freie Betten haben und eh die ganze Zeit am Labern waren, hat sie spontan ihren Schlafplatz von seinem Zimmer in unseres verlagert :-).

Heute Abend hatten wir im Vergleich zu gestern aber auch etwas ernstere Themen: Ich wollte diese Sache schon die ganze Zeit ansprechen, wusste aber nicht wie, also habe ich es einfach mal versucht, nachdem heute im Hotel der ausschlaggebende Punkt kam. Aber ich fange mal von vorne an: Wir mussten bei unserem Induction-Tag heute eine Anwesenheitsliste ausfüllen, auf der nach dem Vor- und Nachnamen, der Abteilung, der Unterschrift UND (das ist krass) nach der Hautfarbe gefragt wurde. Man konnte ankreuzen, ob man white (weiß), black (schwarz), asian (asiatisch) oder coloured (farbig) ist. Zwischen black und coloured wird hier ein riesengroßer Unterschied gemacht, da die "schwarze" Bevölkerung wirklich dunkelhäutig ist, während die "coloured" Menschen nur etwas dunkelhäutiger sind. Ich selbst habe allerdings immernoch Probleme, das genau auseinander zu halten, da die Grenzen dort sehr fließend sind. Was ich aber eigentlich sagen will, ist, dass ich von der Tatsache, dass man bei einer Anwesenheitsliste seine Hautfarbe angeben muss, mehr als geschockt bin. Niemand aus unserer Gruppe heute hat das bemängelt, kritisiert oder sich bewundert. Niemand, außer die einzigen beiden Europäer: Ich und der niederländische Praktikant haben nachgefragt, weil wir uns sicher waren, dass wir das nur falsch verstehen und da nicht tatsächlich nach der Hautfarbe gefragt wird. Uns wurde jedoch erklärt, dass genau das der Fall ist und dass selbst die Personalmanagerin das nicht begreifen und unterstützen würde, das es aber eine Pflicht von Seiten der Regierung ist, um sicher zu stellen, dass die Quoten eingehalten werden. Es gibt nämlich ähnlich zu der Frauenquote in deutschen Führungsebenen und der Mindestanzahl an körperlich oder geistig benachteiligten Personen in Deutschland eine Quote, die besagt, wie viele schwarze, weiße und farbige Angestellte ein Hotel haben und vor allem auch weiterbilden muss.Bis zu diesem Zeitpunkt bin ich eigentlich davon ausgegangen, dass man selbst hier unten über dieses Problem hinweg ist. Deshalb habe ich meine Mitbewohnerin danach gefragt und sie hat mir erzählt, dass es auch in vielen Schulen bzw. bei der Vergabe von Schulplätzen so abläuft, dass zwischen den drei Hautfarben (und manchmal vier, wenn asiatsich als zusätzliche Hautfarbe hinzugenommen wird; sonst wird es unter coloured gepackt) unterschieden wird. Die Schüler werden dann nicht nach ihren Noten, Qualifikationen oder Leistungen ausgewählt, sondern so, dass die Quote und auf Deutsch gesagt, die Farbe stimmt. Hier wundert das niemanden mehr, weil das normal ist und weil es von Gesetzeswegen aus festgeschrieben ist, aber ich hatte auf diesem Gebiet definitiv mit mehr Fortschrittlichkeit gerechnet. Jedenfalls hatten wir heute Abend noch eine lange Diskussion über dieses Thema und wie extrem in manchen Gebieten und Ebenen immer noch die Unterschiede sind und wie stark vor allem diese drei Gruppen von Menschen voneinander getrennt werden.
Damit beende ich jetzt auch den heutigen Eintrag.
Nein, Stopp, eins wäre da noch und das ist auch deutlich erfreulicher und amüsanter als das vorige Thema: Wir bewegen uns ja ganz ganz stark auf Weihnachten zu und die Shoppingcenter und Straßen und Supermärkte und Hotels sind bereits sehr sehr sehr sehr übertrieben weihnachtlich geschmückt. Neben den ganzen Weihnachtsplätzchen, Weihnachtsmannkostümen, Schokoladenweihnachtsmännern, Christbaumkugeln und Plastiktannenbäumen, hat die ganze Vorweihnachtseuphorie für mich aber heute neue Maßstäbe angenommen. Als ich einkaufen war, habe ich im Supermarkt zwei Lieder gehört:
1. Rudolph, the red nose rendier und
2. (und das ist so was von unpassend, seltsam und für einen Menschen aus dem gefühlt schneereichsten Kaff Europas verstörend) "Let it snow"

Ich hoffe, ihr habt jetzt alle einen Ohrwurm und könnt euch bildlich vorstellen, wie ich im Supermarkt zu "Lass es schneien" bei 26 Grad Außentemperatur zwischen weißen, roten und gelben Kunststofftannenbäumen die absolute Orientierung verliere.

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