Samstag, 19. Oktober 2013

Ich habe mich etwas eingelebt und den ersten Schock überwunden

Gestern war mein zweiter Tag hier in Kapstadt und den habe ich damit begonnen, das Hotel zu suchen, in dem ich ab Montag mein Praktikum absolvieren werde. Das liegt etwa 5 km von meinem Hostel entfernt und um die Gegend etwas besser kennen zu lernen, bin ich zu Fuß hingegangen. Was ich am faszinierensten fand, war die Tatsache, wie enorm sich die Umgebung innerhalb von fünf Kilometern verändern kann. Rund um das Hostel trifft man eine ganze Menge Einheimische und die Gegend sieht nicht so wahnsinnig nobel aus. Je weiter man jedoch in Richtung Hotel kam, umso europäischer und fast sogar majestätischer wurden die Gebäude und umso feiner wurden auch die Menschen, die einem begegnen. Das Hotel liegt in mitten einer Villen-Gegend, in der jedes Haus (das Hotel selbst auch) mit einer großen Mauer, unzähligen Kameras, Stachel- oder Stromdraht umgeben ist. Der Kontrast zwischen der Hotel- und der Hostel-Umgebung ist gigantisch.
Jedenfalls habe ich mir meinen künftigen Arbeitsplatz zunächst nur von außen angeguckt, da ich mich nicht an den Security-Beamten vorbeimogeln wollte und eh nur angemeldet Zutritt habe. Aber immerhin weiß ich jetzt, wie ich dort hinkomme, somit hatte ich mein Tagesziel erreicht :-).

Ich muss übrigens alles zurücknehmen, was ich Negatives über das Hostel hier gesagt habe. Die Bausubstanz hat sich zwar nicht über Nacht geändert, aber ich habe immerhin noch mehr Duschen gefunden (ich hab nämlich nicht im Nebenraum der Gemeinschaftsküche gesucht, wo sie sich befinden). Außerdem sind die Betten sehr, sehr bequem, die Leute hier echt toll und für einen derartig niedrigen Preis grenzt es fast an Luxus. Ich glaube meine anfängliche Skepsis lag daran, dass man andere Standards gewohnt ist und vollkommen vergisst, in welchem Land man sich eigentlich befindet. Die Mitarbeiter hier (die teilweise auch hier wohnen) sind wahnsinnig aufmerksam und fragen ständig, wie es einem geht, ob man Tipps braucht, wie man irgendwo hin kommt oder in meinem Fall, ob ich meinen Arbeitsplatz gut gefunden habe, wie es dort fand, ob ich aufgeregt bin, wenn es Montag los geht.... Ich fühle mich echt mies, weil sie sich so viel behalten und so interessiert sind und ich mir (mit meinem EXTREM schlechten Namensgedächtnis) noch nicht mal ihre Namen merken kann. Ich muss aber zugeben, dass ich sie wahrscheinlich weder schreiben, noch aussprechen könnte, selbst wenn ich sie mir merken könnte :-).

Dann habe ich auch meine drei anderen Zimmerkameradinnen kennen gelernt und ich habe das Glück, die wahrscheinlich tollsten Mädels dort zu haben, die Kapstadt zur Zeit zu bieten hat. Eine kommt ebenfalls aus Deutschland, ist im Moment zum Urlauben hier, hat aber bereits ein Jahr hier gelebt. Sie hat damals mit Drogenopfern gearbeitet und war viel in den Townships (Armenvierteln) unterwegs. Sie hat wirklich sehr viel erlebt und echt krasse Erfahrungen gemacht. Die Hauptdroge hier heißt Tik und ist gerade in den Townships an der Tagesordnung, da sie selbst für südafrikanische Verhältnis wahnsinnig günstig zu bekommen ist.
Meine zweite Mitbewohnerin kommt aus Finnland, ist 35 Jahre alt und ebenfalls wirklich offen und nett. Sie hat eine dreiwöchige Tour mit insgesamt 50 Studenten hinter sich und ist überglücklich, endlich etwas Zeit für sich zu haben und genießt es mal, nur eine Hand voll Menschen um sich zu haben.
Die dritte ist eine 32 jährige Südafrikanerin, die eine Zeit lang außerhalb von Kapstadt gelebt hat, jetzt aber wieder hier im Marketing für ein Sportkette arbeitet und vorübergehend im Hostel wohnt. Ich habe mich gestern eine gefühlte Ewigkeit mit ihr unterhalten, sie hat mir sehr viel über die Geschichte der Südafrikaner erzählt, über die sogenannten "Buschmännern", also die Ureinwohner, und über die einzelnen Stämme und Herkünfte der Menschen hier. In Südafrika gibt es elf Amtssprachen, von denen die meisten aus diesen ursprünglichen Stämmen entsprungen sind. Sie selbst ist in einem Township geboren, ist aber im Kindesalter von dort weg gezogen. Ich finde es super, sie getroffen zu haben, weil ich sie dann mit allen Fragen zur Kriminalität hier löchern konnte und wie man sich besser verhält und was man lassen sollte. Sie sagt, dass man auf den Hauptstraßen selbst und im City Centre überhaupt keine Angst haben muss (abgesehen von Taschendieben, die es in jeder großen Stadt gibt). Und auch wenn man die großen Straßen verlässt, kommt es nur sehr selten vor, dass man tagsüber angesprochen oder angemacht wird. Sie hat mir sogar angeboten, mich mit zu ihrem Geburtsort zu nehmen, um mir ein Township einmal näher zu zeigen. Ich muss dabei sagen, bei den Townships gibt es auch nochmal verschiedene Kategorien und das, aus dem sie kommt, ist nicht unter den Top Five der gefährlichsten. Sie hat auch erzählt, dass man sich dort problemlos aufhalten kann, so lange es hell ist und wenn man sich an Regeln hält, wie z.B. keine Kameras oder Handys offen tragen, keinen auffälligen Schmuck und vor allem nicht arrogant wirken. Allerdings sei es sehr wichtig (das gilt aber für überall hier), dass man Selbstbewusstsein ausstrahlt und vollkommen selbstverständlich antwortet, wenn man angesprochen wird, anstatt weg zu rennen oder schüchtern zu Boden zu gucken. Ich weiß noch nicht, ob ich das Angebot annehme, es würde auch noch ein Freund von ihr mitkommen, der ebenfalls dort geboren ist und länger dort gelebt hat. Sie schien sich wirklich zu freuen, dass jemand so für ihr Land interessiert. Außerdem konnte sie mich fragen, ob die ganzen Vorurteile über uns Deutsche wahr sind: Überpünktlich (hier in Kapstadt heißt "Now"= "Ich komme nächste Woche" und "In a second"= ""Wir sehen uns an Weihnachten", und das waren ihre Worte), ordentlich und penibel, steril, ernst, humorlos, ungepflegt und unhygienisch (weil sie gehört hat, dass es in Deutschland Menschen gibt, die in ihren Wohnung barfuß laufen, was hier niemals in Frage käm und als total dreckig gilt). Also wir kommen hier unten nicht so gut weg :-).

Die Sache mit dem selbstbewussten Auftreten scheine ich auch schon echt gut zu beherrschen: Auf meiner Tour gestern hat mich ein dunkelhäutiges Mädchen nach dem Weg gefragt, weil sie sich hier nicht auskennt. Das hat mich irgendwie richtig stolz gemacht.

Gestern Abend war ich dann mit meiner deutschen Mitbewohnerin noch was trinken, weil sie mir die Gegend zeigen wollte und sich selbst so gut auskennt.Obwohl ich anfänglich etwas skeptisch war, im Dunkeln das Hostel zu verlassen, hat alles super geklappt. Die Kneipen sind auch nur fünf Minuten von hier entfernt und in der ersten waren fast ausschließlich Backpacker und keine Einheimischen. Dann sind wir noch witer gezogen in eine Art winzige Disko, in der auch Kapstädter feiern, wo wir dann wiederum die einzigen Backpacker waren. Meine Begleiterin hat auch zwei Leute wieder getroffen, die sie von damals kannte und die uns dann auch (weil es nachts war, als wir zurück wollten) bis an die Hosteltür gebracht haben. Es sei auch Ok gewesen, wenn wir die fünf Minuten allein gegangen wären, aber einfach besser für unser eigenes Sicherheitsempfinden. Falls man vollkommen allein oder nur unter Frauen ist, gibt es hier ein kostenlose Nummer der Ob-Security (der Stadtteil hier heißt Observatory). Das sind Polizisten und Sicherheitsbeamte, die sich nachts rund um die Kneipen und Hostels aufhalten und die man zu jeder Tages und Nachtzeit anrufen kann. Innerhalb weniger Minuten kommen sie dann und bringen einen problemlos "nach Hause". Einer von ihnen ist auch öfter hier im Hostel und erklärt den Neuankömmlingenm, wie sie ihn und seine Kollegen erreichen können und dass man sich ruhig zu jeder Zeit melden kann. Ich würde niemals freiwillig alleine raus gehen, wenn es dunkel ist, aber mit der Nummer der Ob-Security in der Tasche fühlt man sich nochmal deutlich sicherer.

Heute werde ich mich dann nach Cape Town City Centre aufmachen, um mir die Stadt an zu gucken und um endlich mal einen der Mini-Buses auszuprobieren, von denen hier alle so schwärmen. Für 6 Rand (45-50 Cent) kommt man problemlos ins 5 km weit entfernte Stadtzentrum.

Hier noch ein paar Fotos von meienr Tour gestern:

Das erste fand ich toll: Das ist eine Welpenschule für Hunde und Katzen, mit dem Namen: "Denkende Haustiere" :-)




Das ist die wunderschöne Gegend zum Hotel hin.


Das erste mir unbekannte Tier hier.








Und das Hostel, in dem ich wohne:


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