Montag, 16. Dezember 2013

Ich habe Table Mountain bestiegen



Hallo miteinander.
Erst mal zur Erklärung, wieso ich heute schon wieder schreibe, obwohl ich doch gestern meinen letzten Eintrag gemacht habe und gesagt habe, dass ich nur noch alle zwei Tage einen Post hochlade. Der Post von gestern war ja eigentlich von Samstag. Da ich aber Samstag weder physisch noch psychisch in der Lage war, meinen Laptop zu bedienen, gilt der Post von gestern für Samstag. Daher kommt heute der nächste, denn theoretisch habe ich ja gestern (Sonntag) keinen geschrieben, der war ja für Samstag. Keine Ahnung, ob das verständlich ist, ich lege jedenfalls mal los:
Also heute war ich ja bekanntlich nicht arbeiten, da bei uns "Day of Reconciliation" ist, an dem alle frei haben. Daher sind wir ja heute zum Table Mountain aufgebrochen und obwohl ich damit die Spannung vorweg nehme: ICH HABE DEN TAFELBERG BESTIEGEN!!!! Aber jetzt mal von Anfang an.
Mein Wecker hat heute Morgen um halb 5 geklingelt (!) und es war sehr hart zu der Zeit auf zu stehen. Nach einem ausgiebigen Frühstück (da ich ja schließlich einiges vor hatte und nicht auf halbem Weg schlapp machen wollte) sind Talita und ich um viertel nach fünf los gegangen, um unsere Begleiter zu treffen. Die beiden Herren kennt Talita aus der Schule, in der sie Englisch lernt. Einer, George, ist um die Mitte 40 und (Überraschung!!!) aus Deutschland und der andere ist Mark, 22 Jahre alt und aus der Schweiz.
Mit denen sind wir dann zur Cable Car Station gefahren, also dorthin, von wo normalerweise die Lifte zum Tafelberg starten (für die faulen und langweiligen und total unfitten Leute natürlich so, unsereins geht zu Fuß!!).
Dort sind wir um Punkt sechs Uhr angekommen und sind am Punkt "Platteklip Gorge" gestartet. Zu diesem Zeitpunkt hatten wir noch das da vor uns:

(Leider sieht das viel kleiner aus als es ist, aber das Ding ist über 1000 m hoch).




Ich muss jetzt mal erwähnen, dass dieser Aufstieg das härteste und krasseste war, was ich seit langem getan habe. Der Aufstieg auf Devil´s Peak war auch anstrengend, keine Frage, aber der Unterschied liegt in den Umweltbedingungen. Während ich Devil´s Peak Mittags hoch gedackelt bin und wir 30 Grad hatten, was zwar echt hart war, aber immer hin habe ich nicht gefroren und es nur ein vergleichsweise (für Kapstadt) leichtes Windchen gab, was bei uns als Orkan gewertet würde, hatte die Natur heute Morgen echt einen Hass auf uns.
Zu Beginn war noch alles super und ich war mit meiner langen Hose, meinem Top, meinem Pullover und meinen Sneakers total gut bedient. Es war weder kalt, noch warm. Es war toll und wir waren alle voller Motivation. Während ich Devil´s Peak zwar teilweise hoch klettern musste, und die Wege sehr rutschig waren, konnte ich sie ohne extreme körperlich Verrenkungen (außer beim Klettern) bewältigen. Unser Weg auf den Tafelberg beinhaltete allerdings einige (sehr viele) Passagen, an denen man hinaufsteigen musste. Das heißt, der nächste Felsblock war etwa auf der Höhe meines Oberschenkels. Das ist total lustig und angenehm und leicht und witzig und spannend AM ANFANG. Wenn man das aber erst mal die ersten 60 Mal macht und damit mal gerade ein 126 stel des Weges absolviert hat und man das Gefühl hat, da sitzt ein kleines Männchen in deinem Oberschenkel und versucht sich an die Außenwelt zu schneiden, dann wird es weniger lustig. Ich muss gestehen, ich weiß nicht wieso, aber wir haben auch den dezenten Fehler gemacht und sind auf den Berg gerannt. Die Reiseführer geben an, dass der Pfad etwa 2,5 bis 3 Stunden in Anspruch nimmt. Ich erzähle gleich mal unsere Zeit.
Aber der Schmerz war noch OK, und man konnte so richtig seinen inneren Schweinehund bekämpfen. Das viel größere Problem war der Wind und die Kälte. Als wir etwa ein Viertel des Weges hinter uns hatten, wurde es schlagartig arschkalt und unglaublich windig. Von da an, mussten wir uns regelmäßig festhalten, um nicht von einer Böe aus dem Gleichgewicht gebracht zu werden. Und da half mir dann auch mein Pulloverchen nicht mehr viel.
Aber hier mal eine paar Impressionen unserer Tour bis dahin:




 Das sind Talita und ich, als wir noch relativ am Anfang waren, uns die Kälte und der Wind noch nicht eingeholt hatten und als uns noch aus tiefstem Herzen zum Lachen zumute war.







Man sieht hoffentlich, dass der Abstand nach unten zu und nach oben abnimmt. Uns kam es allerdings auf unserem Weg nicht so vor :-).





Es war jedenfalls wie gesagt extrem windig. Ein weiteres Problem war, dass ich mir nie sicher war, ob mir warm oder kalt ist. Auf der einen Seite war es saukalt und der Wind hat meine Finger förmlich eingefroren, auf der anderen Seite war mir allerdings so warm, dass sich mein Gesicht an fühlte, wie ein Feuerball. Ich kann nur sagen, das ist ein komisches Gefühl :-).
Ich habe jedenfalls den Wind mehr als nur einmal lauthals verflucht. Einige Leute haben auch zwischendrin aufgegeben, die dann nach halbem Weg zurück kamen. Aber wir haben eisern durch gehalten und versucht gegen Wind, Kälte und Schmerzen an zu kämpfen. Diese kleinen Widmungen auf den Steinen haben uns dabei übrigens sehr geholfen:
 ("Gib nicht auf. Du bis fast da.")



Sehr gemein finde ich, dass man auf den Bildern nicht sieht wie windig es wirklich war und dass es so aussieht, als sei das ein sehr entspannter Marsch bei sonnigem Wetter gewesen.





Man sieht mein Lachen schwindet langsam. Ich hatte nämlich innerlich mit so ner Kreuzung aus Schwein und Hund zu kämpfen, die mir die ganze Zeit gesagt hat "Dreh um. Du holst dir hier oben den Tod und du warst ja schon mal auf dem Tafelberg. So toll ist das gar nicht. Stell dir vor, du lägst jetzt in der heißen Badewanne...". Scheißvieh dieser Schweinehund, sollte man ausrotten die Dinger.



 ABER ich habe ihn besiegt. Ich habe dieses Drecksvieh von imaginärem Motivations-Killer umgelegt. Wir sind alle oben angekommen. Vollkommen unterkühlt, vollkommen entnervt, vollkommen fertig, vollkommen labil, vollkommen entfernt von menschlichem Wohlbefinden, aber wir sind angekommen.
Hier meine drei Begleiter:


 Und genau an dieser Ecke sind wir förmlich aus dem Nichts aus Sturm und Stein hervorgekrochen.



Also, wenn das keine stolzen Bergsteiger sind, weiß ich auch nicht mehr weiter:
Mark, Talita und ich.


 Mark, George und ich.
Diese holden Kletterer haben den Tafelberg in 1,5 Stunden bestiegen!!!!!!


Die Aussicht auf dem Tafelberg. Wir sind höher als ALLES andere!!!! Und das haben wir mit reiner eigener Muskelkraft geschafft.



 Das ist übrigens nur ein Weg, der über dem Tafelberg verläuft. Unser Aufstieg war nicht so lässig.







Das ist der höchste Punkt auf dem Tafelberg.




Mittlerweile hatte mir Mark übrigens sein zusätzliches Top als Schal und Talita ihr zusätzliches Tshirt als Windschutz geliehen :-).









Nachdem wir dann an einem relativ windgeschützten Ort unser Picknick genossen haben, uns ein wenig aufwärmen konnten und neue Kräfte sammeln konnten, haben wir beschlossen, nicht den gleichen Weg zurück zu gehen, sondern stattdessen einmal über den Tafelberg zu wandern und an der entgegengesetzten Seit, am Skeleton Gorge wieder herunter zu steigen, von wo wir dann in die Kirstenbosch Botanical Gardens geraten.



Je später es wurde, desto wärmer wurde es auch und desto schwächer wurde der Wind. Somit konnte ich dann auch irgendwann meine geliehenen Sachen zurück geben :-).


 Das ist die Aussicht von der anderen Seite des Berges. Dort in der Mitte des Bildes, wo die Berge eine Art Dreieck formen und wo man so durchgucken kann und wo es so sehr sehr grün ist, genau da war unser nächstes Ziel.


 Um dieses Ziel zu erreichen, mussten wir nur eben da runter :-).


Bergsteiger bei der Arbeit:


 Mittlerweile hatte sich die Natur dann auch von Stein, über Gras bis hin in einen Urwald verwandelt.



Unter anderem einer unserer "Wege".



Die letzten 1,5 km bis zu den Kirstenbosch Gardens gab es dann auch teilweise benutzerfreundliche Leiter:


Und das ist das Ding von unten (also nur der Skeleton Gorge, der Tafelberg ist links daneben und höher).



In Kirstenbosch angekommen, und sehr sehr glücklich, dass wir alles überlebt haben und mit einer viel besseren Laune als noch morgens um 7 Uhr, haben wir dann ein ausgiebiges Mittagessen im Restaurant genossen. Wir schienen auch gar nicht so fertig aus zu sehen, denn wir wurden ohne Bedenken oder Kommentare in das Restaurant gelassen :-).

Anschließend sind wir mit dem Taxi zurück nach Georges Auto gefahren, er hat uns alle nach Hause gebracht und dort bin ich nun und freue mich auf mein Bett und einen langen, ausgiebigen Schlaf, bevor es dann morgen wieder zur Arbeit geht. Das ist auch das erste Mal, das ich mich freue, dass ich den ganzen Tag sitzen kann, denn ich bin mir nicht sicher, wie sich meine Beine morgen an fühlen.

Das Fazit von heute:
1. Neben Devil´s Peak bin ich jetzt auch stolze Bezwingerin vom Tafelberg.
2. Ich habe zwei weitere interessante Menschen kennen gelernt.
3. Ich habe meinen inneren Schweinehund eiskalt gekillt.
4. Ich habe innerhalb von 2 Stunden gefühlte 45 Gemütszustände von "Ich sterbe" über "Ich hasse diesen scheiß Berg" bis hin zu "Nadine, wieso bist du so bescheuert und machst immer so ne Kacke" und natürlich "WOW, ist das geil, ich will nochmal, nochmal, nochmal, klettern ist das tollste auf der Welt" durchgemacht
5. Wir sind um 6 Uhr gestartet und um 14 Uhr gabs Mittagessen, also 8 Stunden Workout pur und ich habe es unbeschadet überstanden :-)

Damit verabschiede ich mich für heute und wünsche euch noch einen schönen Abend.

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